Remote Scanning: MTR entlasten – Wartezeiten reduzieren

29.06.2023


Im Herbst 2022 war die Warteliste so lang, dass das Radiologische Zentrum Wolfratshausen beschloss: Wir schaffen zusätzliche Öffnungszeiten für MRT-Untersuchungen. Allerdings braucht man für die Scans erfahrene Fachkräfte. Die Kapazitätsgrenzen der Praxis-MTRs waren längst erreicht und neue Leute sucht man meistens vergeblich. Was tun? Die Antwort lautet: Remote Scanning.

Seit Jahren bleiben bundesweit etliche MTR-Stellen unbesetzt und Patient*innen klagen über viel zu lange Wartezeiten, bis sie endlich ins MRT können. Mit einer Stellenanzeige á la „Wir stellen eine/n Vollzeit-MTR ein“ baut  eine radiologische Praxis ihre Kapazitäten daher nicht so einfach aus. Der Fachkräftemangel verlangt neue Strategien.

Dr. med. Gerda Wachter-Klabuschnig

Eine Möglichkeit, die MTR-Stunden aufzustocken und den Personaleinsatz zu optimieren heißt Remote Scanning. Die technische Voraussetzung dafür schafft syngo Virtual Cockpit – eine Technologie zur Fernsteuerung von Scannern.
Beim Remote Scanning unterstützen MTRs den Prozess der Bildakquise aus der Ferne. Das können festangestellte Mitarbeitende im Homeoffice sein oder Fachkräfte aus dem WeScan-Pool von Siemens Healthineers, die sich als externe Dienstleister zuschalten. In beiden Fällen eröffnet das Remote Scanning den radiologischen Praxen neue Wege, das eigene Team flexibel einzusetzen und personelle Engpässe zu überbrücken. Vor allem entlastet es die Mitarbeiter*innen im Alltag und vermeidet Überstunden.

„Wer gute Leute hat, will sie vor zu starker Beanspruchung schützen. Deshalb sollte man ihnen nicht ständig mehr und mehr Arbeit aufbürden“, sagt Dr. Gerda Wachter-Klabuschnig, Inhaberin des Radiologischen Zentrums Wolfratshausen. Als Ende 2022 die MRT-Warteliste ihrer Praxis im bayerischen Oberland immer länger wurde und die Patient*innen sich durchschnittlich sieben Wochen gedulden mussten, war die Zeit reif für etwas Neues. Die Praxis vergab – zunächst einmal testweise für drei Monate – an jedem zweiten Samstag zusätzliche Termine von 9 bis 13 Uhr.
Weil die Wolfratshausener MTRs schon im regulären Praxisbetrieb voll ausgelastet waren, sollten sie nicht noch am Wochenende Überstunden anhäufen. Das war auch gar nicht nötig. Denn genau für eine solche Situation hat Siemens Healthineers das WeScan-Team aufgestellt. An jedem der besagten Samstage führte eine externe MTR die Bildakquise durch und bildete mit der Medizinischen Fachangestellten (MFA) vor Ort ein gut funktionierendes Duo – nur dass die MTR remote zugeschaltet war.

Dr. med. Alexander Kalik

„Um das Remote Scanning einzuüben, haben wir anfangs die eher einfachen Scans mit hochstandardisiertem Protokoll durchgeführt“, sagt Dr. Alexander Kalik, Facharzt für Radiologie. Etwa Untersuchungen an Knie oder Lendenwirbelsäule. „Ganz normale Praxisarbeit“, so Kaliks Fazit. „Warum hat man das nicht schon früher gemacht?“ Nachdem alles routiniert lief, steuerten die Remote-MTR auch komplexere Untersuchungen mit Einsatz von Kontrastmitteln. Der gesamte Prozess und die Qualität der Ergebnisse waren in keiner Weise dadurch beeinträchtigt, dass die MTR nicht vor Ort war.

Der Ferneinsatz machte es erforderlich, zwischen dem technischen Part des Scannens und dem persönlichen Kontakt zu den Patient*innen klar zu trennen. Genau hier entsteht der Nutzen, weil die MTRs mehr Zeit für das haben, was ihre fachliche Expertise ausmacht. Die MFA betreut die Patient*innen und erledigt die administrativen Aufgaben.
Lea Vollherbst

Die Patient*innen wurden darüber aufgeklärt, dass die MTR nicht physisch anwesend war. „Daran hat sich niemand gestoßen“, erinnert sich die MFA Lea Vollherbst. Sie führte die Patient*innen zum Gerät, positionierte sie und blieb die gesamte Zeit über in unmittelbarer Nähe. Das gehört nicht unbedingt zum klassischen Berufsbild einer MFA. Aber gerade dieses Plus an Verantwortung begeistert Lea Vollherbst noch im Nachhinein: „Die Arbeiten im Umfeld des Remote Scannings betrachte ich definitiv als Aufwertung meiner MFA-Tätigkeit.“

Einen anderen Anwendungsfall von WeScan erlebte die Praxis an einem Werktag, ohne dass das vorgesehen war. Eine Mitarbeitende fiel aufgrund einer Schwangerschaft aus und zusätzlich meldeten sich die anderen zwei krank. Die Praxis hätte ihren Scanbetrieb eigentlich einstellen müssen. Eigentlich!
„Das war die Gelegenheit, WeScan als Lösung für den unerwarteten Engpass zu testen“, erinnert sich Goran Vinkovic, Leitender MTR in Wolfratshausen: Innerhalb einer Stunde bestätigte Siemens Healthineers, dass erst eine MTR für vier Stunden die Vormittagsschicht übernimmt und am Nachmittag ein Kollege einspringt und die Scans überwacht. Vinkovics Fazit: „Das hat organisatorisch und fachlich super geklappt.“
Eine Konkurrenz sieht Vinkovic in den von extern eingebundenen MTRs nicht. „Wir sind froh, dass es das Remote Scanning gibt und sehen den Einsatz der Kollegen und Kolleginnen von WeScan als große Entlastung.“

Goran Vinkovic

Nach der erfolgreichen Testphase plant die Praxis, zusätzliche Scanzeiten als Regelfall zu etablieren. „Remote Scanning ist ein ausgezeichnetes Mittel, dem MTR-Mangel zu begegnen und trotzdem die Praxis besser auszulasten“, sagt Dr. Gerda Wachter-Klabuschnig. Zudem ist sie davon überzeugt, dass man MTR-Kapazitäten – etwa bei familiär gebundenen Fachkräften – reaktivieren kann. Wer einen Teilzeitjob sucht, nimmt keinen Wohnortwechsel auf sich, um 20 Stunden pro Woche zu arbeiten. Auch lange Anfahrtswege rechnen sich an einem Vier-Stunden-Tag nicht. Wenn sich dagegen alles in den privaten Räumen abspielt, sieht die Sache anders aus. „Die Aussicht auf Remote-Arbeitsplätze trägt generell dazu bei, den MTR-Beruf auch für Teilzeitkräfte attraktiver zu gestalten. Das könnte sich auf die Berufswahl von jungen Menschen auswirken“, prognostiziert Wachter-Klabuschnig. War MTR bislang eine Profession, die die Anwesenheit in einer Praxis oder Klinik zwingend erforderte, so öffnet Remote Scanning die Tür zum Homeoffice.

Insgesamt kam die Praxis durch das samstägliche Angebot auf neun Prozent mehr Scantermine für die jeweilige Woche. Damit entzerrte sie die engen Terminpläne in der Woche, verkürzte die Wartezeiten und fuhr entsprechende Zusatzerlöse ein.
Frau Dr. Wachter-Klabuschnig gibt zu bedenken: „Die Frage heißt ja nicht: Präsenz oder remote? Die Alternative, vor der radiologische Praxen in Anbetracht des chronischen Fachkräftemangels stehen, lautet: Integrieren wir Remote Scanning in unseren Alltag und bieten den Patient*innen schnell einen Termin an – oder lassen wir sie sieben Wochen warten?“ Mittel- und langfristig kommt es darauf an, genügend Fachkräfte zu mobilisieren. Für Dr. Gerda Wachter-Klabuschnig steht fest: „Wenn die MTR nicht den Weg in die Praxis findet, dann muss die Praxis neue Wege zur MTR finden.“

Katrin Amberg
Leitung Education und Workforce Solutions