Vielfalt, Gleichberechtigung & Zugehörigkeit

Autismus am Arbeitsplatz

Candi Gennaro, eine Mitarbeiterin von Siemens Healthineers, hat gelernt, ihren Autismus voll und ganz anzunehmen - mit allen Herausforderungen und Vorteilen, die er mit sich bringt. Sie setzt sich auch für die Bedürfnisse neurodiverser Menschen ein und hilft bei der Gestaltung eines integrativen Arbeitsplatzes für alle.
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Julia Nedoma
Veröffentlicht am March 31, 2023

Erst vor sechs Jahren erfuhr Candi Gennaro, dass sie Autistin ist. Damals wusste sie nicht viel darüber. Ihren Autismus zu verstehen bedeutete, sich selbst zu entdecken und all die Vorteile zu verstehen, die mit der Herausforderung einhergehen, die er in ihr Leben bringt. Heute setzt sie ihre Stärken gezielt ein, um auf die Bedürfnisse neurodiverser Menschen aufmerksam zu machen, und hilft unserem Unternehmen, ein inklusiveres Arbeitsumfeld zu gestalten.   

Der WHO zufolge ist eines von 100 Kindern autistisch. Aus Kindern mit Autismus werden Erwachsene mit Autismus. Darum sind Arbeitsplätze, die den Anforderungen neurodiverser Menschen entgegenkommen, so wichtig. Da das Autismus-Spektrum verschiedenste Merkmale aufweist, gibt es keine einheitliche Lösung für alle. Stattdessen ist es wichtig, mit neurodiversen Mitarbeitern in Dialog zu treten.

Die meisten Menschen mit Autismus – so auch Candi – erfassen soziale Normen nicht von alleine, sondern müssen sie erlernen und bewusst auf bestimmte Situationen anwenden. Das kann sehr anstrengend sein: „Es ist, als würde man schauspielern“, gibt Candi zu. „Zum Beispiel lege ich mir meine Antworten oft schriftlich zurecht und probe Situationen im Voraus.“ Dinge wie Bewerbungsgespräche oder Besprechungen ohne feste Themen – Situationen also, in denen Spontaneität gefragt ist – können daher schwierig sein.

Neurodiversität beschreibt die Idee, dass Menschen die Welt um sie herum auf vielfältige Weise erleben und mit ihr interagieren. Es gibt nicht die eine "richtige" Art zu denken, zu lernen und sich zu verhalten, und Unterschiede werden nicht als Defizite angesehen. Neurodiversität wird oft im Zusammenhang mit Autismus verwendet.
Havard Health Publishing
Candi denkt noch oft an die erste Zeit nach ihrer Diagnose. Vor sechs Jahren erfuhr sie, dass ihr Gehirn anders funktioniert als das neurotypischer Menschen. Heute kann sie das zu ihrem Vorteil nutzen, besonders im Beruf. Beispielsweise stellt sie gerne Gegebenheiten infrage und bringt in Gesprächen eine andere Sichtweise ein. „Es macht mir einfach Freude, Probleme zu lösen, Regeln zu formulieren, Abläufe zu verbessern und kreative Lösungen zu finden“, sagt Candi.

Candi standing in the library and is smiling.

Gleichzeitig braucht Candi Ruhephasen, in denen sie sich sammelt und neue Energie tankt, bevor sie ihren Kolleginnen und Kollegen entgegentritt. Ein strukturiertes Arbeitsumfeld, Kontinuität und klare Prozesse können ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Candi war ein wenig besorgt über die geplante Renovierung und das damit verbundene offene Bürokonzept am Standort von Siemens Healthineers in Malvern, Pennsylvania, in den Vereinigten Staaten. 

Sie fürchtete etwa, dass die Sichtschutz bietenden Trennwände verschwinden würden. „Das kann meine Fähigkeit, bei der Sache zu bleiben, wirklich beeinträchtigen“, erklärt Candi. „Außerdem hatte ich Angst davor, mir im Voraus einen Arbeitsplatz reservieren zu müssen.“

Anstatt sich zurückzuhalten, machte Candi auf ihre Bedürfnisse aufmerksam. Sie wendete sich an das zuständige Planungsteam, damit die Bedürfnisse von neurodiversen Menschen bei der gesamten Renovierung berücksichtigt würden. So wurde auf jeder Etage eine Bibliothek für Fokuszeiten eingerichtet, und in den Großraumbüros sollen Telefonkabinen den Geräuschpegel gering halten. 

Candi gehört auch zur Employee Resource Group HANDS (Healthineers for Autism and Neurodiversity Support), die neurodiversen Menschen wie ihr eine Stimme gibt. In dieser Gruppe erlebt sie nicht nur Unterstützung durch ihre Kollegen und ein starkes Gemeinschaftsgefühl, sie hat auch enge Freundschaften geschlossen.

Chrissy Boston hat das Büro in Malvern mitgestaltet und gehörte zu denen, die wertvolles Feedback verschiedener Gruppen von Mitarbeitenden in die Pläne eingearbeitet haben. „Bei inklusivem Design geht es vor allem um Flexibilität“, sagt sie. „Alle sollten die Flexibilität und die Möglichkeit erhalten, die Räume zu nutzen, die für sie am besten geeignet sind.“

Als Unternehmen ist Siemens Healthineers ständig auf der Suche nach außerordentlichen Köpfen für unser diverses und globales Team. Durch die flexible Gestaltung des Healthineers Way of Working können Mitarbeitende frei entscheiden, wann sie wo arbeiten wollen. Die Bürogestaltung soll nicht nur die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben berücksichtigen, sondern auch das Zugehörigkeitsgefühl innerhalb der Teams fördern. Das bedeutet auch, auf besondere Anforderungen einzelner Gruppen zu achten und eine inklusive Umgebung zu schaffen.

Candi hat ihre eigenen Weg gefunden sowie die Kraft, für ihre Bedürfnisse einzustehen. Sie freut sich, für ihre ebenfalls autistische Tochter sorgen zu können und ihr zu ermöglichen, dass sie in einer Welt aufwächst, in der sie als Mensch mit eigenen Bedürfnissen betrachtet wird.

Von Julia Nedoma

Julia Nedoma is an editor at Siemens Healthineers.